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Channel: Bürokratieabbau – Frank Schäffler
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Bürokratie abbauen kann nur, wer liberal ist!

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Rede von Frank Schäffler zur Beratung des Antrags Bürokratieabbau optimieren – Mittelstandsorientierung stärken der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Freitag, 7. Juni 2013.

Frank Schäffler (FDP):

Der bisher betriebene Bürokratieabbau bezieht sich vor allem auf die Informationspflichten. Bürgern und Verwaltung entsteht Aufwand, wenn sie solche Informationspflichten erfüllen wollen. Der Bürger muss Formulare ausfüllen, die Verwaltung muss die darin enthaltenen Informationen und Angaben erfassen, auswerten und speichern. Diese Pflichten sind in der Tat nur ein Teil der Bürokratiekosten. Sie sind kein geringer Anteil. Im Gegenteil, sie sind ziemlich bedeutend. Jeder Bürger weiß, dass der Informationshunger des Staates kaum zu lindern ist.

Daher haben die Antragsteller völlig recht, wenn sie erklären, dass Bürokratiekosten nicht nur aus Informationspflichten stammen. Die Antragsteller haben völlig recht, dass Belastungen vor allem auch durch den Vollzug von bundesrechtlichen Vorschriften entstehen. Die Analyse ist richtig. Gut gemacht, SPD!

Doch wären wir in der Schule, käme nach dem Abfragen des Wissensteils die Transferleistung. An diesen nur leicht höheren, für die Versetzung aber notwendigen Anforderungen scheitern Sie jedoch. Wenden Sie doch einmal die Fakten auf Ihre eigenen Vorhaben an! Ich will gern dabei behilflich sein: Die Grundlage für bürokratische Vollzugskosten sind bürokratieverursachende bundesrechtliche Regelungen. Ganz spontan fallen mir aus meinem eigenen Arbeitsfeld, Finanzmärkte und Steuerpolitik, höchst bürokratieträchtige Forderungen ein, mit denen Sie seit Jahren hausieren gehen.

Erstens erinnere ich an die steuerlichen Aufbewahrungsfristen. Die Koalition wollte die Aufbewahrungsfristen verkürzen. Dazu gibt es mittlerweile einen zweiten Anlauf. Den ersten haben Sie im Bundesrat blockiert. Mit dem Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 wollten wir diese von der Wirtschaft seit langem geforderte Entlastungsmaßnahme umsetzen. Die Verkürzung der steuerlichen Aufbewahrungs- und Prüffristen hätte ein jährliches Einsparpotenzial von 2,5 Milliarden Euro gebracht. Hätte der Bundesrat, hätten Sie im Bundesrat zugestimmt, dann hätten wir 2,5 Milliarden Euro Bürokratiekosten gespart. Das entspricht den Aufwendungen des Bundes im Jahr 2012 für seine Bundesfernstraßen. Machen wir uns nichts vor: Wer Bürokratie abbauen will, der muss auch loslassen können. Der muss den Bürger loslassen können. Der muss dem Bürger die Freiheit einräumen, seine Steuerbelege nicht zehn Jahre aufheben zu müssen.

Zweitens erinnere ich an die Vermögensteuer – also eine laufende Vermögensabgabe. Gerade eben haben Sie wieder einmal eine solche Vermögensabgabe gefordert. Das sei erforderlich, um die Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise zu stemmen. Ich kann mir den Seitenhieb nicht ersparen: Erst beteiligen Sie sich an der Rettung der Banken auf Kosten der ersten Gruppe der Steuerzahler. Dann wollen Sie eine zweite Gruppe der Steuerzahler belasten, um die erste zu entschädigen. Die Bankenrettungen selbst hinterfragen Sie nicht. Die Sozialdemokraten sind eben auch nicht mehr mit denen von früher vergleichbar.

Doch zurück zur Vermögensteuer. Es gab wohl keine einzige Steuer, die einen so hohen Bürokratieaufwand bedeutet hat wie die Vermögensteuer. Sie müssen Finanzbeamte einstellen, um die Privat- und Betriebsvermögen zu erfassen, die Vermögensgegenstände zu bewerten und die Bewertungen zu überprüfen. Die Erhebungskosten einer Vermögensteuer werden auf bis zu 33 Prozent vom Aufkommen geschätzt. Und das wären nur die Erhebungskosten aufseiten der Verwaltung. Die Befolgungskosten aufseiten des Bürgers fehlen noch. Angenommen, Ihre Vermögensabgabe beträgt 15 Milliarden Euro, dann verursachen Sie Erhebungskosten von 5 Milliarden Euro plus Befolgungskosten bei den Bürgern. Aber die Bürger sind Ihnen ja egal. Die Bürger wollen Sie nicht loslassen. Die Bürger sollen Ihr Versagen bei der Bankenrettung bezahlen.

Drittens erinnere ich an die Finanztransaktionsteuer. Das ist ein weiteres Wunderwerk sozialdemokratischer Gesetzgebungsvisionen. Für was alles haben Sie das Aufkommen dieser Steuer nicht schon verplant! Ich habe den Überblick verloren. Denn die Finanztransaktionsteuer ist für Sie so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau der Staatsausweitung. Sie wollen eine Steuer auf jede Art der Finanztransaktionen. Doch was bedeutet das für die Betroffenen? Devisenhändler erklären, dass jeder Euro Steueraufkommen die Betroffenen einen gleichen Betrag kosten wird, der durch die Befolgungskosten verursacht wird. Das ist ja auch kein Wunder, denn eine FTT würde eine Herausforderung fürs Datenmanagement und die IT-Infrastruktur jeder Finanzinstitution bedeuten. Jeder Transaktionstyp bräuchte gesonderte Verfahren, möglicherweise erhebt jedes Land einen eigenen Steuersatz, die vom Kommissionsvorschlag vorgesehenen Ausnahmen müssen erfasst werden, den zentralen Gegenparteien müssen die Daten geliefert werden, den Kunden müssen die Steuern offengelegt werden und die womöglich tägliche automatische Abführung der Steuer eingerichtet werden. Und schließlich werden Dutzende von Großkanzleien europaweit die Compliance der Finanzinstitutionen bewerten, mehrere Zehntausend Seiten Rechtsgutachten dazu verfassen und Honorarrechnungen schreiben. Diesen bürokratischen Wahnsinn fordert, wer eine FTT fordert. Wer Bürokratieabbau will, der muss den Bürger gehen lassen. Der muss ihm vertrauen. Der muss dem Bürger Freiheit geben. Nichts davon wollen Sie.

Hören Sie auf, davon zu sprechen, den bürokratischen Vollzugsaufwand abbauen zu wollen. Bürokratie abbauen kann nur, wer dem Bürger vertraut, wer einen schlanken Staat, wer staatliche Selbstbeschränkung will. Bürokratie abbauen kann nur, wer auf staatliche Regelungen verzichten kann. Bürokratie abbauen kann nur, wer auf Steueraufkommen verzichten kann. Bürokratie abbauen kann nur, wer den Primat des Rechts statt des Primats der Politik verficht. Bürokratie abbauen kann nur, wer liberal ist.

Dokumentiert im Plenarprotokoll 17/244.


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